No Land called Home
Bellwinkel investigates something that might be described as a state of mind: the longing for otherness, for strangeness, and the restlessness of someone who seeks exceptional experiences, and perhaps knowledge, in far-away climes. Bellwinkel builds a collage combining photographs from the last 18 years with his own short stories, which function as autonomous companions of the photographic material. Photographs taken in Asia come together with images of war and post-war scenes in Afghanistan, the Middle East and the Balkans to somehow form a coherent whole. Private shots are interwoven with documentary images, world events with biographical interludes.
17 × 22 cm/352 pages/209 images
German/Englisch
ISBN 978-3-86828-376-1/Euro 44,-


Jörg Colberg in Conscientious:
…Wolfgang Bellwinkel‘s No Land Called Home approaches similar ideas, albeit using the perspective of a single photographer. Compiled from photographs shot over the course of 18 years, the book combines personal and assignment/editorial work, mixing it all up to produce one photographer’s view of, well, life. In addition to the photographs, you get segments of very short stories. You end up with something that doesn’t feel whole, something where there are threads that start and end, seemingly without being connected. But taken together, experienced together, there is a very definite story here, 18 years in the life of photographer, traversing the world, rarely staying in the same place for longer.

No Land Called Home is no book you can look at casually. Well, you can, but then you’re basically going to miss almost everything that is unfolding in its pages. Instead, not unlike William Vollmann’s The Atlas (which, curiously, I keep coming back to these days), the bigger picture emerges from the fragments. It’s a very difficult way of making a photobook: You basically have to hope that people will spend enough time with the book and the many pictures and stories, to see the pieces connect. And the pieces do not connect like in a puzzle. Instead, they connect like they tend to do in real life: Often not really fitting, but sticking to each other anyway…

Katherine Oktober Mathews in GUP
“I’ve watched the moon in Bangkok, in Kabul, in Shanghai
and in dozens of other places.
It looked pretty much the same everywhere.”

So begins the new book No Land Called Home from Wolfgang Bellwinkel, pulling together photographs and written vignettes of his experiences over the period 1994 – 2012, from locations all over Asia, Germany, Bosnia and beyond. Combining documentary with personal imagery, war shots with tourist shots, the book becomes an amalgam of restlessness — a chaotic sprawl of locations, interactions and emotions (or lack thereof).

Bellwinkel doesn’t guide us through his journey. There are no explanations, aside from the icily laconic captions of the images informing us of their location only. The short autobiographical texts that he offers throughout the book, while being surprisingly poetic and with a strong emotional undercurrent, are autonomous from the images. Neither the photographs nor the writing illuminates the other, except in the context of understanding the haphazard and sporadic existence that Bellwinkel occupies.

Over a few pages, we skip from Hong Kong, to Malaysia, to Thailand, to Afghanistan, then to Bosnia. In these locations, we see the sun breaking through the clouds, then a flower pot painted on a dilapidated wall bearing ancient power plugs, a portrait of a young Thai girl wearing butterfly wings, a desert view through some kind of metal circular carousel, and a bedroom furnished with television and rifle. Each are photographed plainly and, left to stand on their own, they perhaps do not call for repeated viewing. Yet their asynchronous combination is where the heart of the book is: to Bellwinkel, they’re all the same. Rather, they’re interchangeable places, each offering something different and all worthy of attention but fundamentally nothing irreplaceable.

Though he shows us a scattered smorgasbord of topics, from beautiful blue skies to a crumbling building with a tank parked outside, because there are no descriptions of the scenes, it’s not possible to know for sure what is happening in the image or what it means to Bellwinkel or even how they relate to one another in his mind. The images therefore seem to document all the scenes or moments that Bellwinkel has encountered which live up to the idea of nomadic homelessness: things which make you feel at home, or things which identify your failure to make a home. Because of this photographic souvenir approach, No Land Called Home is ultimately a personal document of Bellwinkel’s life, but it will surely call out some familiar echoes to fellow wanderers.

Manfred Zollner in Fotomagazin:
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Bellwinkels Bilderkosmos ist wie ein Webteppich der zeitgenössischen Alltagslyrik – voller absurd-schöner Gegensätze und surrealer Begegnungen. Im Großstadt-Dschungel, im brüchigen Beton von Metropolis staunen wir über unsere anhaltende Sehnsucht nach dem Zarten und Zärtlichen. Und suchen trotz seines permanenten Dranges zur Zerstörung und zum Chaos nach der Seele des Menschen. Der schönen Bildband ist unser Geheimtip des Monats.

Mark Peschke in Photoskala:
Wolfgang Bellwinkels Buch „No Land Called Home“, jetzt erschienen bei Kehrer, beschreibt eine Sehnsucht: die Sehnsucht nach dem Anderen. Die Sehnsucht nach dem Fremden. Der Fotograf selbst ist das Zentrum dieses Ansatzes: seine Erlebnisse auf seinen Reisen in einer sich zunehmend schneller verändernden Welt. In Asien hat er fotografiert, in Afghanistan, dem Nahen Osten und dem Balkan: Bilder unterschiedlicher Provenienz, die er zu einer autobiografischen Alltags-Collage verdichtet. Man sollte sich Zeit nehmen für diesen Band, die Texte lesen, die Wolfgang Bellwinkel als einen Fotografen schildern, der sich auf ungewöhnliche Weise der Welt öffnet.

Kai Olaf Hesse in Photonews:
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“There’s got to be more than that!”

Wolfgang Bellwinkels No Land Called Home

Irgendwann hatte U2’s Bloody Sunday noch eine Bedeutung. Die Welt lag vor uns. Auch wenn man dachte, dass irgendwann jemand den Roten Knopf drücken würde, gab es ein nicht gemachtes Versprechen, an das wir glaubten. Irgendwann war es dann nur noch der Glaube an die eigene Überzeugung, die eigene Sache. Lange trug einen das „Ich mach’ das, weil es mir wichtig ist. Weil ich das bin.“ Jetzt guckt da einer auf 18 Jahre eigene Bilderwelt; Suche und ein Versuch, Sinn, Fragen und Erklärungen aus der visuellen Welt und der eigenen Innenwelt zu generieren. Aber wir sollten uns hüten, dies zu beurteilen. Man kann nur darauf reagieren; sich wiederum ein Bild davon machen, mit den eigenen Vorstellungen abgleichen. Das macht viel Arbeit, aber mit diesem Buch auch viel Spaß.

In der Fotobuchflut muss man lange suchen, bis man ein Lohnenswertes findet. Aber dieses, das ich an einem vernieselten Morgen zum ersten Mal durchsehe und lese, ist auf vielfältige Weise interessant. Ein schönes Buch auch; zwischen Wolken- und Seestücken neben lauter Kommunikations- und Vereinsamungsmetaphern. Sehnsüchte prallen auf Verblendungen symbolischer Simularca. Asiatische Jugendlichkeit und europäische Konfliktrealitäten und gleich zu Anfang, kurz nach der ersten auflodernden Hoffnung, ein aufgegebener, schrottreifer Kahn. Wir fliegen hierhin und dorthin. Immer wieder in das Buzz asiatischer Megacities. Zu Mädchen und deren Bildern, dem Versprechen von Zuneigung. Zwischen Betonwüsten, Werbung und kulturell aufgleißenden Farben und Oberflächen fragt man sich: Wer um Himmels Willen hat sich das ausgedacht? Versatzstücke aus heileren Welten neben Sturmgewehren. Alles ist verkabelt: hypertextalische Bilder, verpackte Götzen, zerschossene Träume. Und wenn man sich im hiesigen Alltag wundert, so wundert man sich nach dieser Lektüre umso mehr, dass wir uns die Welt so einrichten, wie Bellwinkel sie uns zeigt. Home liegt definitiv anderswo!

Aber genauso wie die Flucht sich nicht in den Bildern finden lässt, fehlt diesem Buch eine Ahnung für den Grund dafür. Wo ist eigentlich das Land, das Bellwinkel hinter sich lässt? Stattdessen findet sich große persönliche Nähe, emotionales Leben, die kleinen Ängste und Glücksmomente, die Tage ausmachen, in den Textskizzen, die er seinen Bildern mitgibt. Leute die Fotobücher kaufen, lesen ja nicht (sagt man) aber in diesem Falle sollte man es. Und nicht nur die Bilder verdienen ein genaues Lesen. Denn die Diskrepanz zwischen Bildern und Texten macht gerade einen großen Teil der Spannung aus, die dieses Buch – und manchmal eben auch ein Leben – in sich trägt.

Neben aller Weltläufigkeit hat sich ein vormals Bochumer Staunen und Trotz erhalten, auf die Welt zu blicken und zu erkennen, dass das Grau und die Entfremdung und die Sehnsüchte weltumspannend sind. Nur eben manchmal gigantischer, oberflächlicher, multipliziert ins Unermessliche. Allerdings zuweilen sonniger und sinnlicher als in behüteten europäischen Friedens- und Kulturnischen. The Edge sagt im Rückblick auf ein desolates Irland seiner Jugend: „There’s got to be more than that!“

Das verwirrende aber auch anspannend-erfrischende dieses Buches ist der Versuch einer undogmatischen Bildfolge. Erahnt man zwar, dass die Bilder in verschiedenen Projektzusammenhängen entstanden sein mögen, so sind doch Konzeptstrategien der Fotografie aus Düsseldorf, Essen, Bielefeld usw. in Auflösung begriffen. Durch Anordnung und gegenseitige Unterschneidung leistet diese Bildsprache hier noch einmal Neues. Sie wird subjektiver in ihren Interpretationsmöglichkeiten, stellt mehr Fragen und überantwortet dem Betrachter einen großen Teil der Arbeit beim Lesen der Bilder und vor allem der Welten hinter den Bildern. Als Zugabe wünsche ich mir ganz sehnlichst einen Blick auf die Bilder, die sich nicht im Buch finden – trotz der 352 Seiten.

Wolfgang Büscher, im sehenden Spazieren und Wandern dem Fotografen nicht ganz unverwandt, hat das Nachwort geschrieben. Und das mit der „langen Leine“ ist genial; da hat er wirklich Recht! Denn im Gegensatz zu Bellwinkels alter egos in seinem Portraitfilm „weg“ über Expats in Bangkok kommt er ja immer wieder zurück. (siehe auch: Photonews Nr. 2/13, Februar 2013)

Interview mit Nikita Kakowski in Vice:
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18 Jahre lang bereiste der Fotograf Wolfgang Bellwinkel von 1994 bis 2012 die halbe Welt und kehrte mit einem Haufen Bilder im Gepäck nach Berlin zurück. Aus dieser Reise entstand Anfang 2013 der Bildband No Land called Home – Photographs and Stories of a Long Journey.

Bewaffnete Jungs, überschminkte Mädchen, zerschossene Marlboro-Cowboys inmitten der verlassenen Ruinen des Balkans und himmelhoher Baustellen Südostasiens—Bilder einer grotesken Welt, jenseits der etablierten Reisemagazine.

Umso fragiler wirken die einzelnen Menschen im Globalisierungsgetümmel, verloren irgendwo zwischen Ost und West. Männer, Frauen, Kinder von dem mächtigen Strom der Veränderungen mitgerissen. Sind es etwa echte Waffen, die da auf dem Tisch neben dem kleinen Jungen liegen?

Bellwinkels Sicht der Dinge war für uns wiederum Anlass, ihn aufzusuchen und über sein neustes Werk zu sprechen.

Vice: Dein Buch heißt No Land called Home. Photographs and Stories of a Long Journey. Bist du jetzt endlich angekommen?

Wolfgang Bellwinkel: Das Buch soll keine Retrospektive sein. Das ist vielleicht so eine Art Zwischenbilanz für mich. Es geht um einen andauernden Prozess. Mit dem Buch komme ich also nirgendwo an.

Was hat es mit dem Coverbild auf sich?

Abgesehen davon, dass das Bild natürlich ein ganz guter Hingucker ist, ist das Bild für mich wunderbar symbolisch. Es geht bei mir ja oft um das Interkulturelle, das „nicht genau zu wissen, wo man hingehört“. Mich interessiert dieses Ost-West-Ding. Ich bin noch nie in Afrika gewesen, aber habe neun Jahre meines Lebens in Asien verbracht.
Zu sehen ist eine Asiatin mit einer blonder Perücke. Für mich steht das Bild auf eine leicht ironische Art genau für dieses Dazwischensein. Ich sehe das gerade bei den jungen Leuten in Asien. Die wirken häufig irgendwie verloren. Von ihrer Familienseite stecken sie noch sehr stark in irgendwelchen Traditionen. Auf der anderen Seite aber leben sie in diesen Megastädten wie Bangkok oder Singapur, der Globalisierung ausgesetzt, dazwischen hängend und auch nicht genau wissend, bin ich eigentlich noch ein traditionelles chinesisches Mädel oder eine globalisierte Nomadin?

Du bist weggegangen und lange Zeit unterwegs gewesen. Was hat dir an Deutschland nicht gefallen?

Ich reise, seitdem ich 18 bin. Mit dem Abitur ging eine Phase zu Ende und ich hatte einfach die Schnauze voll von allem. Ich wollte aus dieser Mühle des Funktionierens raus. Ich komme aus einer bürgerlichen Familie mit den klassischen Ansprüchen, dass die Söhne studieren, einen ordentlichen Beruf ausüben und möglichst eine Familie gründen usw. Genau diese Ansprüche wollte ich nicht erfüllen. Ich wollte einfach nur weg von dieser westlichen Zivilisationidee. Heute stehen die Leute mit 18, 19 wahrscheinlich ihrer eigenen Kultur gar nicht so kritisch gegenüber. Aber in den späten Siebzigern hatte man als Deutscher eine ziemliche Distanz zu seinem Land.

Mexiko, meine erste größere Reise—da war ich 18—, war für mich die große Befreiung. Das hat mir sehr gefallen. Aber dann haben alle gesagt: „Geh nach Indien, das ist noch viel besser.“ Und das habe ich dann auch sehr bald gemacht. Mir hat das Leben, dieses Nichtstun, In-den-Tag-Reinleben gefallen—das Exotische, das Fremde, auch das Fremdsein—und darum geht’s ja auch in dem Buch. Es wird von vielen Leuten als etwas Beängstigendes empfunden. Natürlich hat das auch was mit Einsamkeit zu tun. Aber es hat auch positive Seiten. Wenn du fremd bist, bist du außerhalb des Systems. Du brauchst gewisse Regeln nicht in dem Maße zu beachten, wie es einer tut, der Teil der Gesellschaft ist. Du hast eine gewisse Narrenfreiheit und das fand ich immer sehr angenehm.

In deinem Buch findet man Architektur, subjektive Fotografie, klassische Porträts, weniger klassische Porträts, Stillleben… Wie würdest du bei dieser Vielfalt deinen eigenen fotografischen Stil bezeichnen?

Wenn ich Arbeiten von anderen Fotografen sehe, frage ich mich manchmal: „Was hast du für eine Beziehung zu dem Thema? Oder ist das Thema nur gewählt, weil es gerade angesagt ist und weil man es gut verkaufen kann?“ Ich habe zum Beispiel sehr viele Bilder aus Asien gesehen, wo Leute, die in ihrem Leben noch nie in Asien waren, dann ein Stipendium kriegen, drei Monate nach Tokyo fahren und dann irgendwas nach Hause bringen. Weil sie gute Fotografen sind, sind die Bilder auch nicht schlecht, aber oft belanglos, weil sie immer nur an der Oberfläche kratzen. Das andere Extrem sind die Leute, die immer nur ihre eigenen Befindlichkeiten zur Schau stellen und das ist nur insofern interessant, wie du dich selbst für diesen Menschen interessierst. Aber in den meisten Fällen interessiert mich dieser Mensch und diese ganze Befindlichkeitsscheiße nicht.

Ich wollte einen Kompromiss schaffen. Das Buch sollte persönlich sein, aber nicht so, dass ich anderen Leuten damit auf den Nerv gehe. Ich will auch gar nicht alles zeigen. Ich gebe dir eine Idee, einen Hinweis und damit kannst du dann umgehen. Ich vermische Persönliches mit historischen Ereignissen, wie z.B. den Bosnienkrieg oder die gewalttätigen Auseinandersetzungen in Thailand, einem Land im Umbruch. Diese Mischung hat mich interessiert. Fotografisch findet man sowohl einen subjektiven Ansatz als auch einen dokumentarischen.

Du hast vorgeschlagen, dass wir uns heute um 10 Uhr morgens zum Interview treffen. Und auch im Epilog zu deinem Buch steht, dass du es irgendwie geschafft hast, während der ganzen Zeit an deiner fotografischen Arbeit festzuhalten, um nicht gänzlich durchzudrehen. Wo kommt die Disziplin letztendlich her?

So diszipliniert bin ich nicht. Nein. Aber ich halte ziemlich alles durch. Wer jahrelang in Indien ist, hat sämtliche Drogen durch und ich habe viele Menschen getroffen, die aus dem Ruder gelaufen sind. Zum Teil durch sich selbst, zum Teil durch die Umstände. Wenn man sich da lange bewegt, ist man permanent der Gefahr ausgesetzt abzugleiten. Es ist leicht, irgendwo in Indien zu sitzen, wo du für wenig Geld Drogen kaufen kannst, und abzustürzen. Wolfgang Büschner schreibt, was mich gerettet hätte, war die Fotografie. Vielleicht ist das so, aber ich glaube auch, was mich gerettet hat, ist, dass ich immer eine gewisse Distanz gehalten habe. Und das ist auch eine Sache, die man als Fotograf eigentlich braucht. Wenn man zu sehr involviert ist, dann ist es fotografisch meist scheiße, weil es dann langweilig wird. Vielleicht ist es auch meine deutsche Art, sich einzulassen, aber nur bis zu einem gewissen Punkt—immer ein wenig reserviert zu bleiben.

Ärgert es dich nicht manchmal, dass die Fotoszene so dermaßen klein ist? Auf den Foto-Festivals sieht man immer wieder die gleichen Leute. Bekommt man nicht das Gefühl, dass man seine Bilder eben für eine Art „Elite“ macht und sie gar nicht wirklich an die breite Öffentlichkeit gelangen?

Auf eine gewisse Weise ist es sicherlich so. Jeder stümperhafte Maler wird von sich behaupten: „Ich bin Künstler!“ Und jeder wird das akzeptieren und sagen: „Ja, der ist Künstler. Vielleicht ein schlechter, aber er ist Künstler.“ Während in der Fotografie in Deutschland ewig die Diskussion läuft, ist das nun Kunst, ist das keine Kunst, ist das dokumentarische Fotografie, Straßenfotografie, Werbung, ist’s ein Fotograf oder ein Künstler, der sich der Fotografie bedient …

Als Fotografen sind wir keine Popstars, es fehlt ein wenig der Glamourfaktor. Wir kochen irgendwie alle im eigenen Saft und das ist sicherlich schade.

Künstlerische Fotografie ist ein Thema für sich. Hat man sich an vielen „Werken“ nicht langsam satt gesehen?

Ich habe das Gefühl, dass auf einem sehr hohen Niveau—das hängt mit der Technik zusammen, die wir inzwischen benutzen und mit der guten Ausbildung an den Hochschulen—sehr viel Langeweile produziert wird. Da ist die „hast du doch alles schon gesehen Reaktion“, die man bei sich selbst spürt. Man kann die Fotografie nicht neu erfinden, aber man kann daran arbeiten. Für mich ist die Frage im Augenblick: „Wie stelle ich Bilder zusammen?“ Es ist natürlich risikoreich, wenn man das tut, Bilderwelten und Stile aufeinander prallen lässt, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Eine Mischung aus harmonischen Folgen und Konfrontationen. Wenn man solche Spannungen hinkriegt, interessiert es mich persönlich tausendmal mehr, als Bücher die 50, 60, 70 mal sehr ähnliche Bilder zeigen, bei denen man nach den ersten zehn Seiten das Gefühl hat, verstanden zu haben, worum es geht. Das sind eben diese Bücher, die man einmal durchblättert und nie wieder in die Hand nimmt. Dann stellt man sie ins Regal.